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Wenn der Hund ständig bellt, liegen irgendwann auch beim geduldigsten Nachbarn die Nerven blank. Wenn beim Spaziergang ein frei laufender Hund einen Wanderer neugierig beschnuppert, steht der womöglich Ängste aus. Da manchmal die Menschen solche Situationen nicht einvernehmlich klären können, habe deutsche Gerichte geurteilt, wo es langgeht. Einige exemplarische Entscheidungen sollen hier anderen eine Orientierung geben.

Bellen

In einem Urteil des OLG Oberlandesgericht Köln (Az 12 U 40/93) legten die Richter fest, dass andauerndes Hundegebell in der Mittagszeit zwischen 13 und 15 Uhr und in der Nachtzeit von 22 und 6 Uhr zu unterbleiben hat. Dabei dürfen die Zeiten, in denen die Hunde bellen dürfen, nicht länger als 10 Minuten ununterbrochen und insgesamt nicht länger als 30 Minuten sein.

Die Lautstärke der Bellerei ist hierbei untergeordnet. Auch ein ständiges Jaulen und Wimmern über Stunden muss vom Hundehalter unterbunden werden. Gelegentliches Hundegebell, wie zum Beispiel zur Begrüßung, muss hingenommen werden.

In strengen Fällen können bei Zuwiderhandlung Ordnungsstrafen bis zu 5.000 Euro ausgesprochen werden.

Nach einem Urteil des Amtsgerichts Köln (Az 130 C 275/00) darf ein Mieter wegen unzumutbarem Hundegebell vom Nachbargrundstück seine Mietzahlung kürzen. In diesem Fall muss der Vermieter die fehlende Miete vom Hundebesitzer zurückfordern.

Das Oberverwaltungsgericht Bremen (OVG-Az 1 B 215/09) erlaubte gar die Sicherstellung von zwei Dobermännern, die durch ihr nächtliches Dauergebell die Nachbarschaft um den Schlaf brachten. Der Hundebesitzer hatte in diesem Fall trotz mehrfacher Aufforderung und Beschwerden nicht reagiert. Die Hunde wurden unter Berufung auf das Bremer Polizeigesetz in amtlichen Gewahrsam genommen und ins Tierheim gebracht.

Ob Hunde immer gerichtskonform erzogen werden können, steht auf einem anderen Blatt. Es hängt eben auch viel vom Einvernehmen mit der Nachbarschaft ab und dem Bemühen des Hundehalters, seine Freunde so zu erziehen, dass sie nicht bei jeder Kleinigkeit Bell-Attacken bekommen. Grundsätzlich sind Tiere so zu halten, "dass niemand von den Tiergeräuschen mehr als nur geringfügig belästigt wird".

Leinenpflicht

Dem sogenannten Leinenzwang räumen die Gerichte zum Schutz der Bevölkerung weitgehend Vorrang ein. Doch eine generelle Leinenpflicht ist unrechtmäßig, urteilte das Oberlandesgericht Hamm (Az 55s Owi 1125/00). Eine Regelung, wonach ohne Rücksicht auf Art und Größe der Hunderasse für das gesamte Gemeindegebiet ohne zeitliche Ausnahmen ein genereller Leinenzwang besteht, ist unzulässig. Dadurch würden die Rechte von Hundehaltern, insbesondere an einer artgerechten Tierhaltung, unangemessen eingeschränkt.

In gleicher Weise hat das Amtsgericht Trier (Az 8015 Js 5859/05 37 OWi) geurteilt. Eine Rechtsverordnung, die einen Leinenzwang für Hunde ohne Rücksicht auf Art und Größe der Hunderasse und ohne zeitliche Ausnahme für das gesamte Gebiet der erlassenden Gemeinde anordnet, ist unverhältnismäßig und kann keine Ermächtigungsgrundlage eines Bußgeldbescheids sein. Ein solcher Leinenzwang verstößt gegen das Übermaßverbot, zumal auch der Hundehalter ein Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit hat, wobei auch das Interesse an artgerechter Tierhaltung zu berücksichtigen ist.

Auch in Wald und Flur muss der vierbeinige Freund nicht ständig an der Leine geführt werden. Die jeweiligen Landesjagdgesetze schreiben vor, dass Hunde in einem Jagdbezirk nicht ohne Aufsicht frei laufen gelassen werden dürfen. Doch “Aufsicht” bedeutet nicht generell “angeleint”. Ein Verstoß gegen die gesetzliche Vorschrift liegt so erst dann vor, wenn sich der Hund im Jagdbezirk ausserhalb der Sicht- oder Rufweite des Hundeführers aufhält oder der Hundeführer nicht die tatsächliche Möglichkeit hat, durch gezielte Kommandos oder andere Handlungen eine Kontrolle über sein Tier auszuüben. Das urteilte das Amtsgericht Altenkirchen (Az 2109 Js 35731/96-9 OWi). Somit kann ein Hund auch dann unter Kontrolle sein, wenn er nicht angeleint ist.

Tierhalter haften fast immer

Für Schäden, die durch das typische Verhalten eines Tieres entstehen, muss laut Bürgerlichem Gesetzbuch dessen Halter aufkommen. Das kann zum Beispiel ein Hund sein, der einen vorbeigehenden Passanten beißt, oder ein Pferd, das erschrickt und durchgeht. Wie das Oberlandesgericht Celle jetzt entschied, haftet der Halter aber auch dann, wenn er keine Möglichkeit hat, auf sein Tier Einfluss zu nehmen, weil dieses sich in der Obhut einer anderen Person befindet (Az 20 U 38/11).

Im Fall hatte eine Frau ihren Schäferhund in eine Kleintierklinik gebracht, wo er für die Behandlung eine Narkose bekam. Beim Aufwachen biss der Hund den Tierarzt in die Hand und verletzte ihn schwer. Der Tierarzt verlangte daraufhin von der Halterin Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die war jedoch der Auffassung, für die Schäden nicht haften zu müssen, weil sie nicht in der Lage gewesen sei, auf ihren Hund Einfluss zu nehmen. Das habe allein der Tierarzt tun können, der sich dem Risiko eines Angriffs auch bewusst ausgesetzt habe.

Die Klage der Halterin war jedoch nur teilweise erfolgreich. Nach Meinung der Richter besteht die Tierhalterhaftung unabhängig von der Möglichkeit der Einflussnahme auf das Tier. Die Haftung könne jedoch beschränkt werden, so die Richter, wenn der Geschädigte seine Verletzung durch inadäquates Verhalten mit verursacht habe. Der Tierarzt hätte hier besondere Vorsicht an den Tag legen müssen, weil bekannt ist, dass Hunde nach dem Aufwachen aus der Narkose aggressiv reagieren können. Er bekam deshalb nur einen Teil seiner Schäden von der Halterin ersetzt.

Hundegebell im Zwinger sonntags verboten

Hunde in einem Zwinger müssen sich beim Bellen an die üblichen Ruhezeiten halten, wenn es zuviel wird. Das hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg entschieden. Notfalls können die Halter verpflichtet werden, die Vierbeiner des Nachts sowie an Sonn- und Feiertagen in einem geschlossenen Gebäude unterzubringen.

In dem Verfahren ging es jedoch um einen Einzelfall der Zwingerhaltung von bis zu sechs Hunden in einem Wohngebiet, sagte ein OVG-Sprecher. Einem
entsprechenden Bescheid der Gemeinde Neu Wulmstorf im Landkreis Harburg seien erfolglose Verständigungsversuche vorausgegangen. Über eine Klage des Mannes gegen den Bescheid habe das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden, betonte der Sprecher.

In dem aktuellen Beschluss des OVG sei es nur um einen Antrag des Hundehalters auf vorläufigen Rechtsschutz gegangen, der damit die Wirkung des Bescheids verzögern wollte. (Az.: 11 ME 148/13, Beschluss vom 5. Juli 1013)

Der Besitzer des Zwingers argumentiert, dass Hundegebell gerade in einem ländlichen Gebiet ortsüblich und zu akzeptieren sei. Nachbarn hatten sich immer wieder beschwert. Die Belästigungen hätten das übliche und zumutbare Maß überstiegen, befand auch der 11. OVG-Senat.